Keine SWISS-Rettung ohne Bedingungen gegenüber Deutschland
Die Städte und Gemeinden im Süden des Flughafens fordern Bundesrat, Parlament und den Kanton Zürich auf, nach ersten finanziellen Zusagen zur Swiss-Rettung aufgrund der Covid 19-Krise nicht zur Tagesordnung überzugehen und politische Verhandlungsstärke gegenüber dem Management der Muttergesellschaft Lufthansa zu zeigen. Sie erwarten Eingeständnisse der SWISS zugunsten der Bevölkerung, wie der Hub am Flughafen Zürich in Zukunft von Swiss-Lufthansa betrieben wird, insbesondere in den Randzeiten am frühen Abend und Morgen. Sie verlangen einen klaren Plan, wie die Lufthansa die Schweiz darin unterstützt, mit Deutschland in der Flughafenfrage endlich zu einer verbindlichen und durch die betroffenen Partner rechtlich überprüfbaren Vereinbarung zu gelangen. Der Vorschlag von Bundesrat und Parlament für einen Staatsvertrag wurde von der deutschen Bundesregierung 2013 schubladisiert. Ohne ein sichtbares, verbindliches Einlenken Deutschlands in der Flughafen Zürich-Frage darf die Schweiz für die Lufthansa-Tochter SWISS kein Hilfspaket aus Steuergeldern und Staatsgarantien finanzieren. Das ganze Land würde dies nicht verstehen und akzeptieren. Die Städte und Gemeinden appellieren an die Führungsstärke des Bundesrats und fordern ihn auf, sich überzeugend für die Interessen der Bevölkerung rund um den Flughafen Zürich einzusetzen.
Die Lufthansa verhandelt mit der deutschen Bundesregierung um eine Milliarden-Geldspritze und eine staatliche Beteiligung. Andere europäischen Länder tun es Deutschland gleich und unterstützen ihre „National Carriers“ mit Staatsgeldern. Das ist nachvollziehbar, denn die Luftfahrtsbranche ist von der Covid 19-Krise stark betroffen. Erst in Monaten, wenn nicht sogar Jahren, wird der Luftverkehr wieder annährend normal funktionieren. Die grosse wirtschaftliche Bedeutung der Luftfahrt für einen Wirtschaftsstandort wie die Schweiz ist unbestritten.
Lufthansa-Ertragsperle SWISS - unter anderem auch auf dem Buckel der Bevölkerung rund um den Flughafen Zürich
Die Tatsache, dass aus dem Niedergang der Swissair mit der SWISS eine Ertragsperle der deutschen Lufthansa entstanden ist, gilt heute als Meisterleistung des Lufthansa-Managements. Die Zahlen zeigen jedoch, dass dies nur möglich geworden ist, weil die Lufthansa mit der SWISS auf dem Drehkreuz Zürich-Kloten ein gut verzahntes Hubsystem bauen durfte. Die Millionen von Umsteigepassagiere bringen Millioneneinnahmen für die SWISS und den Flughafen. Der Hub-Flughafen erzeugt aber jährlich auch Tausende von Zubringerflügen, welche die Bevölkerung rund um den Flughafen zusätzlich belasten. Zugunsten des Funktionierens eines exzessiv verstandenen Hubs akzeptiert der Bund sogar die nun 20 Jahre dauernde Verletzung des Schutzes der Anwohnerinnen und Anwohner in der Nacht.
Kein abschliessender Deal ohne deutsche Bereitschaft
zur Regelung des Fluglärmkonflikts
Mit dem eigenmächtigen und rücksichtslose Vorgehen Deutschlands im Jahr 2001 wurde die Schweiz gezwungen, im Notrecht den Südanflug einzuführen. Ergebnis dieser politisch motivierten Massnahme ist die bis heute andauernde zusätzliche und unnötige Belastung eines der dichtest besiedelten Gebiete der Schweiz, ein Millionenschaden für die öffentliche Hand, die Gesundheit der Bevölkerung und die Flughafenregion. Der Vertrauensverlust von Teilen der Bevölkerung in das Funktionieren des Schweizer Rechtsstaats ist immens. Verfassungsmässige Grundsätze wurden 2001 ausgehebelt und konnten aufgrund der Unnachgiebigkeit der deutschen Behörden bis heute nicht korrigiert werden.Zu frühe Entwarnung beim Zürcher Fluglärm-Index
Auch 2018 ist die Zahl der An- und Abflüge am Abend und in der Nacht am Flughafen Zürich gestiegen. Damit steigt die Fluglärmbelastung der Bevölkerung rund um den Flughafen in der Nacht weiter an, obwohl zum Teil leisere Flugzeuge den Zürcher Fluglärm-Index (ZFI) entlasten. Dass der ZFI-Wert im Vorjahresvergleich insgesamt sinkt, ist angesichts der weiterhin unbefriedigenden Entwicklung am späten Abend und in der Nacht ein schwacher Trost. Der Flughafen und die Zürcher Flughafenpolitik bewegen sich bezüglich Bevölkerungsschutz unverändert in die falsche Richtung.
Wer die aktuelle Medienmitteilung des Zürcher Regierungsrats zum Flughafenbericht 2019 liest, nimmt zur Kenntnis, dass der Regierungsrat sich und der Flughafen Zürich AG erneut Höchstnoten verteilt. „Etwas mehr Selbstkritik wäre angebracht“, moniert Jürg Eberhard, Präsident des Fluglärmforums Süd und Gemeindepräsident von Zumikon. „Unbestritten hat die Schweiz in Zürich einen Vorzeigeflughafen. Unbestritten aber ist auch, dass die Belastung der Bevölkerung rund um den Flughafen aufgrund von unnötigen Nachtstarts und Verspätungen bei den Landungen am Abend weiter steigt. Ein Umdenken bei den Verantwortlichen auf Stufe Kanton und beim Flughafen sehen wir leider nicht. Das ist ärgerlich.“
Nachtruhe als Wettbewerbsvorteil für den Standort Zürich
Das Fluglärmforum Süd fordert erneut, dem Ruhebedürfnis der Bevölkerung rund um den Flughafen Zürich endlich mehr Rechnung zu tragen. Die Schweiz und der Kanton Zürich hätten es in der Hand, hier ein Zeichen zu setzen. Das Argument, dass Zürich mit der theoretischen Nachtruhe von sieben Stunden eine Ausnahme in Europa sei, verfängt nicht. Erstens wird diese Nachtruheregelung systematisch nicht eingehalten, weil nach 23 Uhr die Zahl der Flüge weiter steigt. Zweitens vergibt sich die Region Zürich damit einen Standortvorteil, den der Kanton im internationalen Städtevergleich durchaus zur Geltung bringen könnte. Denn Lebens- und Wohnqualität sowie Gesundheitsschutz sind heute nicht zu vernachlässigende Faktoren im Attraktivitätsvergleich von städtischen Ballungszentren.